Die Erbin der Teufelsbibel: Historischer Roman by Richard Dübell

Die Erbin der Teufelsbibel: Historischer Roman by Richard Dübell

Autor:Richard Dübell [Dübell, Richard]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Hist. Roman
ISBN: 9783785723913
Herausgeber: Lübbe
veröffentlicht: 2010-03-13T23:00:00+00:00


17.

Grafenwöhr war nicht viel mehr als ein Fleck in der Landschaft, und die Landschaft selbst sah trotz der dünnen Schneedecke zerschlissen, erschöpft, siech aus. Dutzende von Hüttenweihern, nun zugefroren und von Schnee bedeckt, gaben der Umgebung ein pockennarbiges Gesicht. Der Himmel hing darüber, als quelle aus den Kaminstümpfen der Erzhütte immer noch der bleifarbene Rauch. Die Ortschaft selbst war ein gebrochenes Muster aus Schwarz und Weiß: schwarz von den verrußten, halb verbrannten Häusern, Weiß vom Leichentuch des Schnees.

»Entweder wir rasten hier, oder es heißt, im Wald zu schlafen«, sagte Wenzel. Von seinen sechs Mönchen war Stöhnen zu hören.

»Wir können nicht im Wald schlafen«, sagte Alexandra ungeduldig. »Da sind wir morgen alle erfroren.«

»Na dann …«, sagte Wenzel fröhlich. Er musterte sie. »Ich habe jedenfalls das Gefühl, dass dir eine Pause guttun wird.«

Alexandra, der nur ein Parforce-Ritt durch die Nacht hindurch halbwegs gutgetan hätte, um die gärende Ungeduld zu bekämpfen, zwang sich ein Lächeln ab. Sie verfluchte sich dafür, Wenzel und seine Mönche nicht einfach doch in Bamberg sitzen gelassen zu haben. Es hatte schon schlecht angefangen, als sich herausgestellt hatte, dass Wenzel und seine Glaubensbrüder zu Fuß gingen und nicht zu bewegen waren, auf Pferde umzusteigen. Schließlich hatte Wenzel gefragt, warum Alexandra es so eilig habe. Darauf hatte es nicht wirklich eine Antwort gegeben außer der unaussprechlichen Wahrheit, und so war sie nun zwei Tage lang neben den Brüdern hergezockelt, innerlich schreiend vor Nervosität und wütend auf sich selbst, nicht einen Bogen um Bamberg gemacht zu haben. Dabei waren die Mönche erstaunlich schnell gewesen – ihr Marsch hatte fast wie ein kräftesparender Dauerlauf ausgesehen. Allein und zu Pferd hätte Alexandra Grafenwöhr wohl am Morgen des heutigen Tages erreicht; jetzt war es später Nachmittag. Doch irgendwann auf den vielen Meilen zwischen hier und Prag würden die Mönche sie so sehr verlangsamen, dass ihre rechtzeitige Rückkehr nach Würzburg in Gefahr geriet. Sie musste sie loswerden – besser heute als morgen!

Sie suchten sich einen Weg durch die Häuser bis zur Kirche des Ortes. Der Schnee war niedergetreten und schmutzig in den Gassen, aber nicht so sehr, wie Alexandra es vermutet hatte. Es schien, dass sich nicht viele Seelen hier bewegten. Der Zustand der kleinen Stadt erinnerte sie an den zerstörten Teil Wunsiedels – leer stehende oder verrammelte Häuser und das Gefühl, dass aus manchen Kellerlöchern und hinter brüchigen Fensterläden hervor Augen einem nachspähten. Das und die Tatsache, dass Wenzel sie schon nach den ersten Häusern gleich innerhalb der an vielen Stellen zerstörten Stadtmauer genötigt hatte, vom Pferd zu steigen, und nun neben ihr hertrottete, den Kopf unablässig in alle Richtungen drehend, als würden hinter jeder Hausecke Räuber warten, erinnerte sie plötzlich wieder an den schwedischen Offizier – Samuel Brahe. Als er und sein Wachtmeister Alexandra und Agnes aus Wunsiedel hinausgebracht hatten, war die Situation ähnlich gewesen. Der Gedanke weckte auch die Erinnerung an den Liebesakt in dem zerstörten Haus. Sie warf Wenzel unwillkürlich einen Seitenblick zu und war froh, dass er die Augen abgewendet hatte.

Auch die Kirche war mit Brettern und Läden verrammelt. Es



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